Unser diesjähriges Plenum fand wieder in der Stadtwerkstatt nahe Bf Berlin Alexanderplatz statt.
Nach der Begrüßung berichtete das BSBB-Koordinierungsteam von Aktivitäten der vergangenen zwölf Monate; die Präsentation dazu finden Sie weiter unten. *1)
Beim zweiten Vortrag ging es um die geplante Straße ‚Tangentiale Verbindung Ost‘ (TVO), die entlang des Berliner Außenrings u.a. auf Bahnflächen gebaut werden soll, wo jedoch die Vorzugsvariante der ‚Nahverkehrstangente‘ (NVT; zwei zusätzliche Gleise für S- oder Regionalverkehr) vorgesehen war. Zudem hat der Senat in diesem Jahr den „Systementscheid“ getroffen, der nun auf der NVT eine Gleichstrom-S-Bahn vorsieht. Das BSBB, wie auch andere Verbände (z.B. Pro Bahn), haben hingegen nach genauerer Beschäftigung mit der Thematik eine Regional(S-)Bahn als wesentlich günstiger ermittelt. Die Entscheidung soll daher nochmals kritisch angegangen werden. Die Folien des Vortrags sind weiter unten einzusehen. *2)
In der Diskussion wies der VCD Nordost darauf hin, dass die für die NVT notwendige Verschiebung der Fernbahn von der TVO als Verursacher zu tragen wären. Der Deutsche Bahnkunden-Verband wies auf bisher nicht bekannte und nicht enthaltene Grundstückskosten der TVO hin. Zudem müssten bei zwei so eng verflochtenen Projekten die Planungen gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz planrechtlich zusammengefasst werden. Die IPG schätzt ein, dass eine längere bauzeitliche Unterbrechung des Berliner Außenringes wegen des heute schon enormen europäischen Güterschienenverkehrs dort nicht recht vorstellbar ist. Pro Bahn erwähnte die äußerst sachkundige politische Arbeit der ‚Bürgerinitiative Wuhlheide‘ und eines im Mai dieses Jahres gegründeten ‚Bündnisses Schiene vor TVO‘. Die ARGE Verkehrswende kritisierte die Nicht-Berücksichtigung der Betriebskosten im Vergleich zwischen Regional(S-)Bahn und Gleichstrom-S-Bahn beim Systementscheid des Senats.
Ein weiterer Vortrag betraf den Berliner Abschnitt der Nordbahn – dieser ist teilungsbedingt seit etwa 1950 stillgelegt (Fernbahn). Aktueller Anlass sind Planungen der DB InfraGO für eine ICE-Behandlungsanlage in Berlin-Schönholz. Entgegen einem anderslautenden Zeitungsbericht wird dafür aber laut DB InfraGO die ehemals zweigleisige Nordbahn zwischen Bornholmer Straße und Schönholz entweder mit zwei Gleisen wieder aufgebaut, oder aber mit nur einem Gleis bei Trassenfreihaltung für das zweite Ferngleis errichtet. Die Entscheidung hierüber wird nach Fertigstellung von Fahrplan-Studien (z.B. unter Berücksichtigung der Heidekrautbahn über Wilhelmsruh nach Gesundbrunnen) und Kosten-Nutzen-Abschätzungen getroffen werden. Folien siehe *3).
In der Diskussion war sich das Plenum einig, dass nur der sofortige elektrifizierte zweigleisige Aufbau sinnvoll sei, da ein späterer Bau eines der beiden Gleise bautechnisch äußerst schwierig und nur sehr überteuert stattfinden könnte. Auf Nachfrage zum gesamten Berliner Abschnitt der Nordbahn erläuterte DB InfraGO, dass der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) diesen zwar bisher grundsätzlich unter dem Sammelbegriff ‚Knoten Berlin‘ enthält, aber der Sammelbegriff nicht genauer spezifiziert ist.
Beim Vortrag der DB InfraGO zu Sachständen des Sammelprojekts ‚i2030‘ wurde ausgeführt, dass insgesamt für ‚i2030‚ dank der beiden Länder viele Planungsgelder zur Verfügung stehen, und viele Planungsschritte recht weit gediehen sind.
Für die Westachse (Hamburger Bahn) ist die Leistungsphase 2 (Vorplanung) fast fertiggestellt. Hier laufen noch Untersuchungen zu den Untervarianten ‚viergleisige Fernbahn plus zwei Gleise S-Bahn bis Falkensee‘, oder ‚2 F + 2 S‘ oder ‚4 F + 0 S‘. Die Fernbahnstrecke Berlin – Hamburg wurde im BVWP in den ‚Vordringlichen Bedarf‘ aufgenommen, jedoch fehlt bislang der „Startschuss“, und es besteht erhebliche Konkurrenz mit anderen deutschen Projekten.
Zur Berlin-Potsdamer Stammbahn plus Kurve zum Berliner Innenring im Bereich Schöneberg/Südkreuz ist die Leistungsphase 2 vergeben. Beim Bahnhof ‚Südkreuz oben‚ ist noch offen, ob er 220 m oder 420 m lang werden soll.
Bei der S25-Verlängerung nach Stahnsdorf gibt es einen Planungsvorbehalt der Anhalter Bahn, die im ‚Deutschland-Takt‘ viergleisig vorgesehen ist.
Bei der S 25 Nord ist die Entscheidung für die S-Bahn-Verlängerung nach Velten gefallen.
Im Regionalverkehr auf dem Nord-West-Korridor werden die Voraussetzungen geschaffen, bis 2027 zwischen Velten und Neuruppin den Halbstunden-Takt (mit RE 6 “ Prignitz-Express“ und RB 55) zu ermöglichen. Planfeststellung läuft, die Infrastruktur-Finanzmittel müssen noch eingeworben werden. Der Prignitz-Express soll weiterhin nach Berlin über Spandau eingebunden werden, und zusätzlich über das Karower Kreuz – hier ist auf dem nördlichen Berliner Außenring eventuell die Blockteilung zu verdichten.
Für die Entflechtung und einen zweiten (R-)Bahnsteig in Birkenwerder startet jetzt Leistungsphase 2.
Die Bahnsteigverlängerungen auf dem RE 1 werden dreistufig in 2025, 2026 und 2028 in Betrieb gehen.
Für weitere S-Bahn Planungen sind Engpassbeseitigungen auf der S 1 nach Oranienburg, auf der S 2 nach Bernau und der S 5 nach Strausberg angeschoben; bei letzterer ist ein künftiger Ausbau der Ostbahn zu berücksichtigen. Außerhalb von ‚i2030‚ läuft für die Ostbahn inzwischen die Grundlagenermittlung.
Für die Regional- und Fernbahnstrecke Lübbenau – Cottbus hat Brandenburg die Planungen der Leistungsphasen 1 bis 4 vorfinanziert. Die Maßnahme ist eingetaktet mit Totalsperrung in 2027. Der Vertreter der IHK Cottbus fragt nach den Planungen für den Engpass ‚Knoten Königs Wusterhausen‚ und verweist auf die hohe Dringlichkeit infrastruktureller Verbesserung.
Der Link zu den Folien des letzten Vortrages des Abends der Infrastruktur- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (IPG Potsdam), die im Auftrag des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Korridor-Verbesserungen für den Schienengüterverkehr der Region Berlin-Brandenburg erarbeitet hatte, findet sich ganz am Ende *4). Die neue Studie ‚i2045‚ zeigt die Notwendigkeit und Möglichkeit, Kapazitätsreserven besser zu erschließen und den Schienengüterverkehr widerstandsfähiger gegenüber Störungen und Bauarbeiten im Netz zu machen. Nachdrücklich erläuterte der Vortragende, dass die Klimaziele der Bundesregierung einschließlich dem Ziel, bis 2030 25 % des Güterverkehrs auf die Schiene zu verlagern, nur mit entsprechender schnellstmöglicher Ertüchtigung und Ausbau des Streckennetzes erreicht werden können. Z.T. betrifft dies sehr kleine Maßnahmen wie Ausweichgleise und Verbindungskurven, notwendig werden aber auch größere Infrastrukturmaßnahmen, wie z.B. zur Entflechtung des schnellen Personen- und des Güterverkehrs.
In der anschließenden Diskussion erklärten einige Plenums-Teilnehmer, bei der BSBB-AG 4 ‚Güterverkehr‘ mitwirken zu wollen, um das Wirken der AG für das äußerst wichtige Ziel des Modal Shifts zur Schiene zu forcieren.
Um 20:30 Uhr dankte das Koordinierungsteam des BSBB den Anwesenden für Referate und vertiefende Diskussionen und schloss die Veranstaltung mit besten Wünschen.
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*1) Präsentation des BSBB-Koordinierungsteams zu den wichtigsten Aktivitäten des Bündnisses 2023/24 (0,6 MB; Link öffnet in neuem Tab)
2024-09-19_BSBB_Plenum.pdf
*2) Präsentation zu TVO und NVT (3,1 MB; Link öffnet in neuem Tab)
2024-09-19_BSBB-Plenum_TVO-NVT.pdf
*3) Präsentation Berliner Abschnitt der Nordbahn (1,7 MB; Link öffnet in neuem Tab)
Praesentation-Nordbahn.pdf
*4) Vortrag zum Güterverkehr (10,4 MB; Link öffnet in neuem Tab)
https://www.vdv.de/studie-i2045-schienengueterverkehr-in-berlin-und-brandenburg.pdfx